Das Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM) dient als allgemein bekanntes Handbuch für die Diagnose psychischer Störungen. Änderungen der diagnostischen Kriterien haben Bedeutung, da sie die Art und Weise beeinflussen, wie Psychologen die Diagnose und Behandlung von Essstörungen angehen. Mit der fünften Ausgabe des DSM (DSM-V) wurden mehrere wichtige Änderungen an den diagnostischen Kriterien für Essstörungen vorgenommen. Hier ist ein umfassender Überblick über diese Änderungen:
1. Binge-Eating-Störung:
- Anerkennung als eigenständige Störung: Die Binge-Eating-Störung taucht als eine vollständig anerkannte und diagnostizierbare Störung im DSM-V auf. Zuvor als provisorische Kategorie im DSM-IV-TR angesehen, ist die Binge-Eating-Störung nun eine eigenständige psychische Störung.
- Binge-Eating-Muster: Laut DSM-V wird Binge-Eating als Konsum einer großen Nahrungsmenge in einem kurzen Zeitraum (normalerweise innerhalb von zwei Stunden) definiert, begleitet von einem Gefühl des Kontrollverlusts. Dieses Muster muss mindestens einmal pro Woche über mindestens drei Monate auftreten, um die diagnostischen Kriterien zu erfüllen.
- Begleiterscheinungen: Binge-Eating geht normalerweise mit Scham-, Leid- oder Schuldgefühlen danach einher. Im Gegensatz zu Bulimia nervosa kennzeichnet Binge-Eating keine Abführverhalten, um das Fressgelage auszugleichen.
2. Anorexia nervosa:
- Gewichtskriterien verbreitert: Im DSM-IV-TR musste das Gewicht bei Anorexia nervosa bei oder unter 85 % des Idealgewichts (basierend auf dem Body-Mass-Index oder BMI) liegen. Diese Einschränkung begrenzte die Diagnose auf Personen, die einen erheblichen Gewichtsverlust erlitten hatten. Das DSM-V erweitert die Gewichtskriterien und ermöglicht so eine Diagnose, auch wenn die Person diesen spezifischen Gewichtsschwellenwert nicht erreicht hat. Es betont „deutlich geringes Gewicht“ und bietet Klinikern mehr Flexibilität, um den Schweregrad der Störung zu beurteilen.
- Menstruationskriterien entfernt: Zuvor mussten Frauen mit Anorexia nervosa drei oder mehr aufeinanderfolgende Ausbleiben der Periode (Amenorrhö) haben, um die diagnostischen Kriterien zu erfüllen. Diese Anforderung wurde im DSM-V gestrichen. Bei dieser Änderung wurde anerkannt, dass nicht alle Personen mit Anorexia nervosa an Amenorrhö leiden und dass auch Männer mit der Störung diagnostiziert werden können.
3. Bulimia nervosa:
- Häufigkeit des Verhaltens: Das DSM-IV-TR erforderte, dass Fressgelage und kompensatorisches Verhalten (Abführen oder übermäßige Bewegung) mindestens zweimal pro Woche über drei aufeinanderfolgende Monate auftreten müssen. Das DSM-V reduziert diese Häufigkeitsanforderung auf einmal pro Woche über drei aufeinanderfolgende Monate, wodurch ein breiteres Spektrum an Personen diagnostiziert werden kann.
- Kombinierte abführende und nicht abführende Typen: Im DSM-IV-TR wurde Bulimia nervosa in einen abführenden Typ und einen nicht abführenden Typ unterteilt. Das DSM-V fasst diese Typen zu einer einzigen Kategorie zusammen, da anerkannt wird, dass Menschen mit Bulimia nervosa verschiedene kompensatorische Verhaltensweisen an den Tag legen können, nicht nur Abführen.
- Phasen der Genesung: Das DSM-V ermöglicht die Angabe, ob sich eine Person in einer teilweisen oder vollständigen Remission von Bulimia nervosa befindet. Es enthält auch Kriterien zur Bestimmung des Schweregrads der Störung basierend auf der Häufigkeit von Fress- und Abführanfällen und deren Auswirkung auf die tägliche Funktionsfähigkeit.
4. Andere Arten von Essstörungen:
- Andere spezifizierte Essstörung (OSFED): Diese Kategorie umfasst Personen, die einige oder die meisten Symptome von Anorexia nervosa, Bulimia nervosa oder Binge-Eating-Störung aufweisen, aber nicht die vollständigen Kriterien für eine dieser Störungen erfüllen. Sie umfasst auch die Purging-Störung, die durch wiederholtes Abführen in Abwesenheit von Fressgelagen gekennzeichnet ist.
- Essstörung, die nicht näher bezeichnet ist (EDNOS): Diese Kategorie umfasst Essstörungen, die in keine der spezifischen diagnostischen Kategorien passen oder bei denen nicht genügend Informationen vorliegen, um eine genauere Diagnose zu stellen.
5. Bedeutung von laufender Forschung und klinischem Urteilsvermögen:
- Laufende Arbeit: Es ist wichtig zu erkennen, dass sich das DSM ständig weiterentwickelt und dass die diagnostischen Kriterien in zukünftigen Ausgaben möglicherweise weiter überarbeitet werden.
- Klinisches Urteilsvermögen: Obwohl diagnostische Kriterien Richtlinien bieten, müssen Kliniker ihr professionelles Urteilsvermögen walten lassen und individuelle Faktoren berücksichtigen, wenn sie eine Diagnose stellen.
Schlussfolgerung:
Die diagnostischen Änderungen des DSM-V für Essstörungen spiegeln das kontinuierliche Bestreben wider, die Genauigkeit und Inklusivität der diagnostischen Kriterien zu verbessern. Diese Änderungen sollen sicherstellen, dass Personen mit Essstörungen eine angemessene und rechtzeitige Behandlung erhalten. Es ist jedoch wichtig zu erkennen, dass diagnostische Kriterien nicht statisch sind und in Zukunft möglicherweise weiter verfeinert werden müssen.