Hauptpunkte:
Die neuen Leitlinien der WHO unterstützen Gesundheitsdienstleister dabei, psychische Probleme während der Perinatalphase anzugehen.
Etwa ein Fünftel der Frauen in Ländern mit niedrigem Einkommen leiden während der Schwangerschaft oder nach der Geburt an psychischen Problemen.
Die Leitlinien zielen auf die besonderen Bedürfnisse schwangerer Menschen in Ländern mit niedrigem Einkommen ab, wo psychische Probleme häufiger auftreten.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat eine neue Leitlinie veröffentlicht, die einen bedeutenden Schritt zur Versorgung von psychischen Bedürfnissen während der Schwangerschaft und nach der Geburt darstellt.
Das am 19. September 2022 veröffentlichte, 66 Seiten umfassende Dokument bietet einen Leitfaden für die Integration der psychischen Gesundheitsversorgung in die allgemeine Gesundheitsversorgung für Mütter. Die Leitlinien erkennen an, dass etwa ein Fünftel der Frauen in Ländern mit niedrigem Einkommen mit psychischen Problemen während der Perinatalphase konfrontiert ist, verglichen mit einer von zehn Frauen in Ländern mit hohem Einkommen.
Dr. Jessica Vernon, Gynäkologin und Leiterin des Perinatal Mental Health Program am Langone Health, betont die Bedeutung dieser Leitlinie für die Etablierung standardisierter Praktiken für diverse schwangere Menschen. Sie stellt fest, dass die Empfehlungen mit den bestehenden Best Practices in den Vereinigten Staaten in Einklang stehen, einer globalen Anerkennung der Bedeutung der psychischen Gesundheit während der Perinatalphase.
Psychische Gesundheit während der Perinatalphase verstehen:
Eine Schwangerschaft bringt oft erhebliche Veränderungen und Stressfaktoren im Leben mit sich. Die WHO-Leitlinien erkennen an, dass Depressionen, Angstzustände und andere psychische Erkrankungen während dieser Zeit auftreten können, die durch verschiedene Faktoren begünstigt werden, die die Anfälligkeit für diese Erkrankungen erhöhen können.
„Die psychische Gesundheit ist insbesondere während der Perinatalphase, in der gesellschaftliche Erwartungen an Glück und Glückseligkeit verbreitet sind, stark stigmatisiert“, so Dr. Vernon. „Diese Stigmatisierung kann Menschen davon abhalten, sich Hilfe zu suchen.“
Dr. Vernon hebt die möglichen Auswirkungen von psychischen Erkrankungen sowohl auf die Mutter als auch auf das Kind hervor. Die Leitlinien betonen die dringende Notwendigkeit eines umfassenden Ansatzes zur Bewältigung psychischer Probleme während der Perinatalphase.
Empfehlungen in den WHO-Leitlinien:
Dr. Vernon stellt fest, dass die WHO-Leitlinien mit den Empfehlungen des American College of OBGYNs und der National Perinatal Task Force in Einklang stehen und betonen, wie wichtig es ist, Frauen während der gesamten Perinatalphase (von der Schwangerschaft bis zu einem Jahr nach der Geburt) auf psychische Erkrankungen zu untersuchen.
Die Leitlinien setzen sich für Screening-Instrumente ein, die von Mütter- und Kindergesundheitsdienstleistern durchgeführt werden. Diese Instrumente können ein breites Feld von psychischen Erkrankungen identifizieren, darunter perinatale Stimmungs- und Angststörungen (früher als postpartale Depression bezeichnet), von Angst und Depression bis hin zu Zwangsstörungen, Panikstörungen und Psychosen.
Die WHO empfiehlt einen „gestuften Ansatz“ nach dem Screening, wobei die Intensität der Intervention an den Schweregrad der psychischen Erkrankung angepasst wird.
„Für Frauen mit leichten Symptomen können Selbsthilfegruppen und ein Austausch mit Gleichgesinnten von Nutzen sein“, so Dr. Vernon. „Allerdings können bei Personen mit mittelschweren bis schweren Symptomen intensivere Maßnahmen wie Therapien, Medikation und Achtsamkeitstechniken erforderlich sein.“
In Anbetrachten der unterschiedlichen Verfügbarkeit von Ressourcen in den Regionen betonen die Leitlinien die Notwendigkeit, Gesundheitsdienstleister darin zu schulen, insbesondere in Gebieten mit eingeschränktem Zugang zu spezialisierten psychiatrischem Diensten, wie man Menschen mit psychischen Problemen während der Perinatalphase identifiziert, diagnostiziert und unterstützt.
Die neuen Leitlinien der WHO stellen einen großen Schritt hin zur weltweiten psychischen Gesundheitsversorgung von Schwangeren und Wöchnerinnen dar. Diese Leitlinien bieten den Gesundheitsdienstleistern einen umfassenden Rahmen für das Screening, die Diagnostizierung und die Behandlung während der Perinatalphase auftretender psychischer Erkrankungen und tragen so zu besseren Ergebnissen für die Mütter und ihre Familien bei.